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Die Schlacht vor Raben
Im Streite um das Vatererbe war Xaranthar vor seinem Gegner Ermenach aus dem Lande gewichen und hatte an König T‘zels Hof gastfreie Aufnahme gefunden. "Ich werde dir einst helfen, dein Reich zurückzuerobern", versprach ihm der Schwarzalbenkönig, und Xaranthar dankte ihm die Gastfreundschaft, indem er T‘zel auf seinen Kriegsfahrten begleitete und ihm im Kampfe tapfer zur Seite stand.
Als das Heer sich nun zum Rachezuge rüstete, um Xaranthar die Herrschaft zurückzugewinnen, ließen T‘zels zwei Söhne nicht ab zu bitten, man möge sie doch mitreiten lassen. Ihre Mutter wollte nicht zustimmen, denn sie hatte geträumt, ein Drache habe die beiden Jünglinge entführt und vor ihren Augen zerrissen. Da bat Xaranthar, die unerfahrenen Knaben seiner Hut anzuvertrauen: "Ich werde treu auf eure beiden Söhne achtgeben", versprach Xaranthar den Eltern. So gab T‘zel nach, weil auch Königin Hhelche Xaranthars Worten vertraute, und ließ sie ziehen.
Als der heimkehrende Xaranthar die Grenzen seines Landes überschritt, zeigte es sich, daß die Heimat ihn nicht vergessen hatte. Seine Königsstadt Dunkelburg öffnete ihm willig die Tore, und viele Getreue scharten sich um ihn. Man rüstete sich zum Kampfe gegen Ermenach, der sich bei der Stadt Raben mit seinem Heere zur Entscheidung stellte.
T‘zels Söhne, Ortell und S‘arfann, dazu seinen jungen Sohn Xarn hatte Xaranthar dem kühnen Elsorg anvertraut. Mit seinem Leben mußte dieser dafür bürgen, sie nicht vor die Stadt ziehen zu lassen. Doch heimlich übertraten die kühnen Jünglinge das Verbot und ritten ohne Elsorg davon. Ohne es zu wissen, gerieten sie auf die Straße nach Raben. Vor dieser Stadt stießen sie auf den starken Witegg, der einst Xaranthars Gefolgsmann gewesen und in Ermenachs Dienst getreten war.
"Wir müssen unsern Herrn Xaranthar an dem Verräter rächen!" riefen die drei Jünglinge voller Kampfeseifer und drangen auf den Helden ein. Vergeblich mahnte Witegg sie, vom Streite abzulassen, da sie ihn doch nicht bestehen könnten. Er mußte sich jedoch ihres Ungestüms erwehren und erschlug mit Donner, seinem guten Hammer, König T‘zels beide Söhne, Xarn konnte fliehen.
Während die T‘zelsöhne mit Witegg kämpften und sich ihr Schicksal vollzog, entbrannte vor der Stadt Raben eine schwere Schlacht zwischen den Mannen Xaranthars und König Ermenachs. Lange Zeit tobte der Kampf hin und her. Dann gelang es Xaranthar und seinen Recken, den Widerstand von Ermenachs Scharen zu brechen. Der harterkämpfte Sieg hatte schwere Opfer gekostet. Viele Erschlagene und Verwundete lagen in ihrem Blute, und Xaranthar befahl, die Verwundeten zu pflegen und die Toten zu verbrennen.
Da sah er, wie eben Elsorg auf die Walstatt geritten kam. Xaranthar fragte sogleich erbost nach den Jünglingen, die er dem Schutz des Recken anvertraut hatte. Er erfuhr, Schlimmes fürchtend, Elsorg habe sie aus den Augen verloren, und bald darauf kamen Boten, die meldeten, die Söhne T‘zels lägen erschlagen auf der Heide.
"Habe ich sie dir, Elsorg, nicht auf Leben und Tod übergeben?" rief Xaranthar klagend aus. Dann übermannte ihn der Zorn, und er erschlug Elsorg auf der Stelle. Als er die Toten fand und ihre Wunden untersuchte, erkannte er den Täter. Nur der Donnerhammer schlug solche Wunden, und Witegg war es, der diese Waffe führte. Das Verlangen, den Tod der Jünglinge zu rächen, wurde übermächtig in ihm. Aber wo sollte er den Mörder finden?
Der treue Eger von Bechelaren, dessen junger Sohn in der Rabenschlacht gefallen war, hatte Xaranthar zur Todesstätte begleitet. Er war es auch, der Witegg über die Heide reiten sah.
Xaranthar nahm sofort die Verfolgung auf, als Witegg vor dem berserkerhaft wütenden Feinde flohen. Witegg, von furchtbarem Schrecken erfüllt, vergaß das Gebot der Ehre und suchte das Heil in der Flucht, auf die Schnelligkeit seines Pferdes vertrauend.
Aber der Abstand zwischen Witegg und seinem Verfolger wurde immer kleiner, und da der Fliehende die Richtung auf die Knochenschlucht nahm, hoffte Dietrich ihn am Rande zum Kampfe zu stellen. Schon verzweifelte Witegg selbst an der Rettung, da erhob sich aus den Nebel der Schlucht eine Frau, seine Urahne Wagschild, die den letzten Sproß ihres Geschlechtes samt seinem Roß mit sich in die Tiefe zog. Vergeblich harrte Xaranthar lange am Rand, in der Hoffnung, der Feind werde wieder auftauchen. Aber nichts zeigte sich über dem Nebel, und Xaranthar mußte erkennen, daß Witegg seiner Rache für immer entzogen war.
Trotz des Sieges über Ermenach blieb Xaranthar bei den harten Verlusten seines Heeres nichts anderes übrig, als an T‘zels Hof zurückzukehren. Durfte er aber wagen, nach dem Tode der Königssöhne, für deren Leben er sich verbürgt hatte, vor König T‘zel und Königin Hhelche hinzutreten? In dieser Not bat er Eger von Bechelaren um Beistand, und der wackere Kampfgenosse übernahm es, das schwarzalbische Hilfsheer zurückzuführen und die Verzeihung des Königspaares zu erwirken.
Noch bevor er eintraf, erschienen die herrenlosen Rosse der beiden Königssöhne vor dem Palast. Sie hatten allein den Weg in die Heimat gefunden. Die blutigen Sättel kündeten von unheilvollem Geschehen.
Der Schmerz übermannte T‘zel und Hhelche, als sie durch Eger über das Schicksal der Söhne Gewißheit erlangten. Den Zorn des Königspaares über Xaranthars Wortbruch wußte Eger jedoch zu besänftigen, indem er auf die unglückselige Fügung hinwies, die das Zusammentreffen der Jünglinge mit Witegg bewirkt hatte.
Als Xaranthar bald darauf vor T‘zel und Hhelche erschien, neigte er sich bis zur Erde und bat, der König möge sein Leid an ihm rächen und ihn töten. Da Hhelche die Erniedrigung des Helden sah, brach sie in Tränen aus. König T‘zel aber nannte ihn schuldlos und versicherte ihn seiner Huld. Lange Jahre lebte Xaranthar noch an T‘zels Hof, wegen seiner Tapferkeit und seines klugen Rates hoch geehrt und geachtet.